Emissionen des Kältemittels R-134a aus mobilen Klimaanlagen

November 2001
Ort: 
Gutachten für das Umweltbundesamt FKZ 360 09 006
Autor: 
Winfried Schwarz
Sprache: 
Deutsch
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Die Studie verfolgt einen empirischen Ansatz, indem sie Aufzeichnungen über Kältemittelverluste bei klimatisierten Fahrzeugen auswertet, die wirklich auf der Straße gefahren sind. Die Gesamt-Emissionen von R-134a gliedern sich in drei Typen: Normale (allmählich, durch Dichtungen hindurch), irreguläre (schlagartig, bei Unfällen, Steinschlag u. dgl.) und Entsorgungs-Emissionen (wenn bei der Altautoverschrottung keine Absaugung stattfindet). 

Datengrundlage sind 1000 Klimaanlagen, die in 9 Vertragswerkstätten dreier deutscher Automarken im Jahr 2000 geöffnet und dokumentiert worden waren. Danach ergeben sich als Rate der Normalemissionen 6,3 % jährlich (bei 25 % Fehlerspielraum) für werkseitige R-134a-Klimaanlagen während der ersten sieben Betriebsjahre. Als Normalverlust gilt ein Kältemitteldefizit bis zu 40 % gegenüber der Erstfüllung. Die von den Werkstätten aufgezeichneten Verluste unter 40 % werden als unbeabsichtigte Stichprobe auf die Normalemissionen betrachtet. Grundannahme ist, dass eine Klimaanlage bis zu einem Kältemittelschwund von 40 % noch normal funktioniert. 

Irreguläre Verluste sind alle Verluste über 40 %. Ihre Ursachen sind meistens äußere Einwirkungen wie Unfälle, Steinschläge usw. Daher ist das am häufigsten defekte Bauteil, das ersetzt werden muss, der Kondensator. Die Rate der irregulären Emissionen beträgt fast 2 % pro Jahr (347 kg von allen 21.300 klimatisierten Fahrzeugen, die zur Jahresinspektion kamen).

Die künftigen Entsorgungsemissionen werden auf 2 % berechnet, indem die einmaligen 25 % Verluste bei der Verschrottung auf 12 bis 13 Betriebsjahre der Klimaanlage umgelegt werden. 

Die Gesamtemissionen liegen im Bereich von 10 % jährlich. Diese Rate entspricht einem jährlichen Verlust von 88 Gramm pro Fahrzeug mit einer durchschnittlichen Füllmenge der Klimaanlage von 850 Gramm.

Zusammenfassung: 

Emissionenen des Kältemittels R 134a aus mobilen Klimaanlagen

Jährliche Emissionsraten von bis zu sieben Jahre alten Pkw-Klimaanlagen

Zusammenfassung

Das Klimaschutzprotokoll von Kyoto umfasst nicht nur die Treibhausgase CO2Methan und Distickstoffoxid, sondern auch die fluorierten Gase HFKW, FKW und SF6. Innerhalb der fluorierten Treibhausgase sind die vorwiegend als FCKW-Ersatzstoffe genutzten HFKW mengenmäßig mit Abstand am bedeutendsten, und unter den HFKW wiederum ist der HFKW-134a mit über 132 000 t (2000) oder drei Viertel der Weltproduktion der wichtigste. Da der HFKW-134a vor allem als Kältemittel dient, wird er auch als R-134a bezeichnet, wobei R für das englische "Refrigerant" steht.

Zielsetzung der empirisch angelegten Studie

Der größte Anwendungssektor von R-134a sind in Deutschland (wie auch weltweit) mobile Klimaanlagen. Im Rahmen dieser Studie wird versucht, die jährlichen Emissionen von R-134a aus mobilen Klimaanlagen zu ermitteln, und zwar nicht durch Expertenschätzung oder Labormessung, sondern über eine empirisch-statistische Erhebung. Die Studie soll auch zur Beurteilung herangezogen werden können, inwieweit präventive Wartungs- und Inspektions-Maßnahmen zur Emissionsminderung beitragen können.
Aufgrund des Umstands, dass ca. 95 % von Kältemittel-Emissionen und -Verbrauch im Sektor "Mobile Klimaanlagen" auf Pkw-Klimaanlagen entfallen, konzentriert sich die Analyse auf diesen Bereich. Ausgangsmaterial sind die von Kfz-Betrieben geführten Nachweisblätter über die Absaug- und Befüllmengen von Kältemittel im Zuge der Öffnung des Kältekreislaufs einer Klimaanlage.

Die systembedingt hohen Kältemittelverluste

Anders als bei stationären Klimaanlagen befindet sich der Kältemittelkreislauf bei Autoklimaanlagen, bedingt durch den Antrieb seines Verdichters durch die Motorkurbelwelle, in instabilem Zustand. Der Kompressor ist zwangsläufig offen. Seine Anbindung an den Motorblock erfordert eine schwingungsfreie Übertragung der Kälteleistung an die mit der Chassis verbundenen übrigen Bauteile des Kältekreislaufs. Das heißt: Flexible Schläuche sind nur begrenzt durch metallische Leitungen ersetzbar. Schläuche, O-Ring-Dichtungen an den Anschlüssen der Bauteile und die Wellendichtung des Verdichters gelten als Schwachstellen der Dichtheit, als wichtigste Austrittsstellen des normalen Kältemittelschwunds aus Anlagen ohne "irreguläre" Schäden.

Zwar ist allgemein anerkannt, dass die Emissionen von R-134a aus Autoklimaanlagen nicht so hoch wie die des teilweise noch bis 1994 neueingesetzten FCKW R-12 sind, als mit Verlusten bis zu drei Füllmengen pro Lebensdauer kalkuliert werden musste. Der Umgang mit dem Kältemittel ist sorgfältiger geworden.

Und obwohl das Molekül des HFKW 134a kleiner als das des FCKW-12 ist, hat die zusätzliche Innen-Auskleidung der Schläuche mit Polyamid-Folie eine höhere Permeation verhindert. Nichtsdestoweniger gibt es zu den jährlichen Kältemittelverlusten aus Autoklimaanlagen weltweit nur Schätzungen, die ihrerseits von unter 5 % bis über 20 % reichen und auf Expertenurteilen oder, seltener, Labormessungen beruhen (vgl. u.a. Clodic 2000; AFCE 1998; Baker 1999; IPCC 1999; Preisegger 1999; Öko-Recherche 1999; UNEP 1998; Fischer 1997, Pettersen/Hafner 1996). Schätzungen auf Basis empirischer Messungen an realen Straßenfahrzeugen wurden bisher nicht präsentiert.

Überblick über die einzelnen Kapitel A bis G

Im ersten Kapitel A wird die Datenbasis der Studie präsentiert, die aus etwa 1000 dokumentierten Absaug- und Befüllvorgängen besteht, die von neun Vertragswerkstätten dreier deutscher Automobilhersteller von 1999 bis Mai 2001 durchgeführt wurden.

Kapitel B befasst sich mit den verwendeten Servicegeräten, um die Messgenauigkeit der Absaug- und Befüllmengen zu überprüfen sowie um Fehlerspielräume einzugrenzen und Korrekturfaktoren einzuführen.

In Kapitel C werden die bei den Anlagenöffnungen festgestellten Kältemittelverluste auf ihre Ursachen hin analysiert. Dabei zeigt sich, dass Totalverluste (ca. 40 % der Fälle) andere, meist von außen bewirkte, Ursachen haben als die ebenso viele Fälle bildenden Verluste unter 40 %. Ein Defizit von 40 % des Kältemittels, bezogen auf die Normfüllung, wird hier als Grenze angesehen, unterhalb derer die Klimaanlage gerade noch intakt ist (noch kein gasförmiges Kältemittel bzw. Flashgas, sondern ausschließlich flüssiges vor dem Expansionsorgan) und grundsätzlich die gleiche Kühlwirkung wie eine volle Anlage erbringt. Kältemittelverluste unter 40 % sind, sofern sie nicht schon in der Anfangsphase der Anlagennutzung auftreten, in der Regel Ausdruck normalen Schwundes, nicht Folge irregulärer Ereignisse (Unfälle, Steinschlag u. dgl.), bei denen die Verluste fast immer höher ausfallen. 

Daraus leitet sich die für die Untersuchung grundlegende Unterscheidung der Emissionen in normale und irreguläre ab. Kältemittelverluste kleiner als 40 % sind Folge allmählichen Normalschwundes - insbesondere durch Dichtungen hindurch. Darüber hinaus gehende Verluste haben irreguläre Ursachen. 

Gewiss führt auch kontinuierlicher normaler Kältemittelaustritt irgendwann über 40 % Verlust hinaus. Fahrzeuge im Alter unter sechs/sieben Jahren, welche die Masse der vorliegenden Auswahl bilden, sollten diesen Zeitpunkt im allgemeinen noch nicht erreicht haben. Vorläufig werden festgestellte Kältemittelverluste unter 40 % mit normalem Kältemittelschwund gleichgesetzt.

Kapitel D fasst die aus unterschiedlichen Anlässen, aber nicht wegen Kältemittelmangel geöffneten Klimaanlagen unter 40 % Verlust als - unbeabsichtigt durchgeführte - "Stichprobe" auf die Normalemissionen auf und stellt die Verlustfälle in Beziehung zum Fahrzeugalter in Monaten seit Erstzulassung. Zunächst ist kein Zusammenhang zwischen der Höhe des Kältemittelverlustes und dem Fahrzeugalter ersichtlich, und zwar hauptsächlich wegen zahlreicher unerwartet hoher Kältemittelverluste in den ersten achtzehn Betriebsmonaten. Da hinter solchen Fällen nicht normale, sondern irreguläre Ursachen zu vermuten sind, werden sie aus der weiteren Betrachtung der Normalemissionen eliminiert. Nach der "Bereinigung" des Kältemittel-Verlustbereich unterhalb 40 % um diese Emissionsfälle zeigt sich bei den verbliebenen 216 Klimaanlagen für die ersten sieben Nutzungsjahre ein mittlerer jährlicher Kältemittelverlust von 6,3 Prozent (52 Gramm) als Jahresrate der Normalemissionen. Diese schwankt je nach Automarke um ca. zehn Prozent nach oben oder unten: von 5,8 bis 7,0 %. Die durchschnittlich 52 Gramm Normalschwund liegen im Rahmen der von den Automobilherstellern gestatteten Toleranz von 34 bis 83 Gramm pro Klimaanlage.

Kapitel E: Während die normalen Emissionen aus den betrieblichen Nachweisen indirekt errechnet wurden, nämlich durch Übertragung des Emissionsverhaltens der wenigen in der Werkstatt geöffneten Klimaanlagen auf die Gesamtheit der Pkw-Klimaanlagen unter sieben Jahre Nutzungszeit, werden die irregulären Emissionen direkt aus den betrieblichen Nachweisblättern ermittelt: Die Summe der in einem Jahr betrieblich festgestellten irregulären Kältemittelverluste in Kilogramm wird auf die Zahl der im gleichen Jahr im Kfz-Betrieb inspizierten klimatisierten Pkw bezogen. Über mehrere Zwischenschritte ergibt sich daraus für die von den neun Autohäusern regelmäßig betreuten Fahrzeuge im Zeitraum 1999 bis Mai 2001 ein jährlicher Verlust von ca. 1,9 % auf die in diesen Fahrzeugen mitgeführten Kältemittel. Die Spanne reicht je nach Automarke von 1,5 bis 2,2 %.

Kapitel F addiert die beiden Raten der Emissionen zu einer Jahresrate der Gesamtemissionen von 8,2 %, die sich je nach Automarke von 7,7 bis 9,2 % bewegt. Um dieser Schwankungsbreite zwischen den Automarken sowie den immanenten Mess-Ungenauigkeiten der Servicegeräte Rechnung zu tragen, wird der Fehlerspielraum um jene 8,2 % auf 25 % nach oben und unten ausgedehnt, so dass sich die Jahresrate der Gesamtemissionen während der Nutzungsphase zwischen 6,2 und 10,3 % bewegt. Die Größenordnung, nicht die exakte Höhe der Emissionsrate ist damit umschrieben. Dabei ist nicht aus den Augen zu verlieren, dass auch diese Aussagen nur auf Klimaanlagen unter sieben Jahren Lebensdauer bezogen werden dürfen und Entsorgungsemissionen noch nicht berücksichtigt sind. 

Emissionsraten

Die laufenden Gesamtemissionen von R-134a aus Pkw-Klimaanlagen sind für das Jahre 2000 auf den Bereich zwischen 685 und 1140 Tonnen einzugrenzen. Die Spannweite resultiert daraus, ob eine Emissionsrate von 6,2 % (Minimum) oder 10,3 % (Maximum) auf die in inländischen Pkw umlaufenden 11 500 Tonnen Kältemittel angelegt wird. Die 11 500 t wiederum ergeben sich aus folgenden Parameter: 13 Mio. klimatisierte Pkw (30 % Ausrüstungsquote des Gesamtbestands) und eine durchschnittliche R-134a-Füllung von 850 Gramm.

Jahresemissionsrate durch Entsorgungsverluste auf zehn Prozent erhöht

Um vor einem Missverständnis zu warnen: Eine jährliche Emissionsrate für die ersten sieben Lebensjahre ist grundsätzlich niedriger als eine jährliche Emissionsrate, die sich aus der gesamten Lebensdauer ergibt. Nicht nur wegen der von manchen Experten erwarteten alterungsbedingten Beschleunigung der normalen Anlagenundichtheit (was hier nicht quantifiziert wird), sondern vor allem wegen der Emissionen bei der Altautoverschrottung. Selbst bei der in den kommenden Jahren erwarteten Verbesserung der Kältemittel-Absaugung bei inländischen Altauto-Verwertern bleibt infolge der Gebrauchtwagen-Exporte ins Nicht-EU-Ausland in Höhe von 50 % die Rückgewinnung, bezogen auf einen ursprünglichen inländischen Zulassungs-Jahrgang, begrenzt. Die Verluste bei der jahrgangsweisen Entsorgung werden bis auf weiteres auf rund 25 % geschätzt, was auf 12 bis 13 Jahre Lebensdauer verteilt die Jahresrate der Gesamtemissionen um 2 % zusätzlich erhöht, so dass sie sich mittelfristig im Bereich von zehn Prozent bewegt.

Das Kapitel G fragt schließlich danach, ob regelmäßig durchgeführte Wartungen der Klimaanlage Kältemittel-Emission in die Umwelt vermindern könnten. Grundsätzlich gilt, dass präventive Prüfungen zwar die Zuverlässigkeit des Anlagenbetriebs erhöhen und auch zu Energieersparnis beitragen können, aber weder Entsorgungs-, noch irreguläre oder normale Emissionen des Kältemittels senken. Eine Wartungspflicht, allein um R-134a-Emissionen zu vermindern, wird daher nicht für sinnvoll erachtet.